Victor Tinari, Managing Director von Travelclub und Rolf Weber, Verwaltungsrat und Geschäftsführer von Stohl Air, äussern sich zur in der Kritik stehenden Fussball-WM.
Nächsten Monat ist Anpfiff in Katar – die Fussball-WM im Emirat beginnt. Hierzulande hält sich die Vorfreude vieler Fussballfans aber in Grenzen. Die Kritik an der Gastgeber-Nation hält sich hartnäckig: Das Emirat am Golf ist ein Staat, in dem die Scharia gilt, Homosexualität unter Strafe steht und die Menschenrechtslage mehr als prekär ist. Auch die Arenen wurden von Arbeitsmigranten teils unter skandalösen Verhältnissen gebaut.
Zudem ist Katar ein Land ohne Fussballkultur, im Stadion droht der Stimmungsflop, und der für Milliarden Menschen wichtigste Sportanlass findet ausserhalb der Ferienzeit statt. Kurzentschlossene, die zum Beispiel den Match der Nati gegen Serbien sehen wollen, fanden gemäss «Blick» kürzlich auf der Onlineticketbörse der Fifa problemlos sechs Plätze der besten Kategorie nebeneinander. Ein Indiz, dass im Wüstenstaat leere Ränge drohen
Laut Fifa nur noch begrenztes Kontingent an Tickets verfügbar
Die bisherigen Ticket-Verkaufszahlen der Fifa sind schwierig einzuschätzen. Für die Fussball-Weltmeisterschaft in Katar seien bereits 2,88 Millionen Tickets verkauft worden, so ein Sprecher des Weltverbandes gegenüber «SonntagsBlick». Insgesamt seien 3,1 Millionen Tickets in den Verkauf gegangen.
Wäre es so, würden sich die Stadien der Wüsten-WM doch allmählich füllen. «Die letzte Verkaufsphase ist im Gange, wobei derzeit nur noch ein begrenztes Kontingent Tickets verfügbar ist», so der Fifa-Sprecher. «Für die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft sind nur noch wenige Tickets erhältlich», heisst es von Seiten der Fifa.
SFV mit verhaltener Einschätzung
Damit ist aber nicht beantwortet, wie viele Fans aus der Schweiz nach Doha reisen werden. Der Weltverband teilt lediglich mit, man sei «erfreut über das Interesse der Fans aus der Schweiz». Eine etwas andere Einschätzung kommt gemäss «SonntagsBlick» vom Schweizerischen Fussballverband (SFV): «Wir haben das Kontingent zu knapp 50% ausgeschöpft», so SFV-Sprecher Adrian Arnold.
Für die Spiele gegen Serbien und Kamerun wurden laut SFV hierzulande je 1500 Tickets geordert. Der Match gegen Brasilien kommt auf 2500 verkaufte Tickets in der Schweiz. Zusammengerechnet wären das im Moment einige Tausend helvetische Fans.
Was sagen die Schweizer Spezialisten dazu?
Nicht nur bei der Fifa und dem Schweizerischen Fussballverband gehen die Aussagen auseinander. Auch bei den Schweizer WM-Tickets-Spezialisten gibt es unterschiedliche Antworten.
«Am Anfang gab es ein regelrechter Run auf die WM-Tickets, da waren wir positiv überrascht. Danach ist der Verkauf wie gewohnt etwas zurückgegangen. Die letzten zwei Wochen verspüren wir aber wieder einen Schub», sagt
Victor Tinari, Managing Director von Travelclub AG, aus dem offiziellen Reisebüro des Schweizer Fussballverbands gegenüber TRAVEL INSIDE.
Bei
Rolf Weber, Verwaltungsrat und Geschäftsführer der Stohl Air Voyages SA, sieht es etwas anders aus: «Leider ist dies eine der tragischen Szenen im Fussball der letzten Jahre. Natürlich sind diese auch im Reiseveranstaltergeschäft spürbar. Die Nachfrage der WM-Tickets ist total zusammengebrochen. Wir haben mehr Annullationen als Buchungen. Ein grosser Anteil der Kunden (Arrangements zirka CHF 10’000 pro Person) möchten, dass wir ihre Tickets verkaufen. Die Nachfrage ist daher negativ. Wir haben viel mehr Tickets, die wir weiterverkaufen könnten.»
Dass diese WM auch bei den Kunden Kontroversen auslöst und sich die Kritik an der Gastgeber-Nation hartnäckig hält, ist auch bei Stohl Air und Travelclub spürbar. «Es ist eine noch nie dagewesene Situation. Die Qataries verhalten sich auch sehr ungeschickt. Wir haben Kunden, die die allgemeinen Bedingungen im Land nicht akzeptieren möchten. Viele unserer Kunden haben alle Arrangements aus Prinzip annulliert», erklärt Weber. Weniger schlimm ist es bei Travelclub: «Einige Stammkunden verzichten auf diese WM, das sind aber nur wenige», so Tinari.
Nicht nur das Bier ist teuer
Fussballfans trinken auch gerne mal einen über den Durst. In Katar dürfte dies zu einem eher teuren Unterfangen werden. Ein Bier kostet dort zwischen CHF 9.50 und CHF 11 Franken und im Hotel gar CHF 15.
Doch der Alkohol ist bei weitem nicht der einzige Grund, weshalb die Teilnahme als Fan nicht günstig wird. «Die Zimmerpreise im Durchschnitt von USD 1000 pro Nacht hat die Gemüter erhitzt. Die Übernachtungsmöglichkeiten sind viel zu teuer. Wir erwarten ein Zusammenbrechen der Hotelpreise in einigen Wochen», so Rolf Weber.
Wer beim Spezialisten ein Paket bucht und sich nicht auf eigene Faust nach Tickets und Hotelübernachtungen umsieht, könnte um einiges günstiger wegkommen: «Da wir für unsere Pakete fixe Kontingente eingekauft haben, sind die Preise bei uns gleichgeblieben», sagt Victor Tinari.
Keine Hotelengpässe
Im letzten Interview mit TRAVEL INSIDE sprach Victor Tinari zudem über den grossen Engpass bei den Hotelzimmern. Diese haben sich aber bis jetzt nicht bewahrheitet, wie die beiden Spezialisten erklären. «Es gibt immer noch Hotelzimmer zu fairen Konditionen und wir können Kunden gerne bei der Suche helfen», so Tinari.
Es gibt zwar anscheinend keine Engpässe bei den Übernachtungsmöglichkeiten, billig wird es aber laut Rolf Weber nicht: «Es gibt überhaupt keine Engpässe für Hotelzimmer, es benötigt nur ein grosses Portemonnaie und alles ist kaufbar in Qatar. Wir haben dank guten Beziehungen Appartements in unser Angebot aufnehmen können, damit auch die Fussballfans, die nicht Millionäre sind, die Nati begleiten können.»